Das KOMPASS - Schulungskonzept
Das KOMPASS-Schulungskonzept wurde zur Qualifizierung von Erwerbslosen und Beschäftigten für die Pflegehilfe entwickelt. Es richtet sich an Menschen mit Nachholbedarf in der deutschen Schriftsprache. Das Schulungskonzept besteht aus einer viermonatigen Maßnahme für Erwerbslose (zertifizierbar als Aktivierungsmaßnahme) und einer achtmonatigen Maßnahme, die für Erwerblose und Beschäftigte geeignet ist (zertifizierbar als FbW). Genauere Informationen zum Schulungskonzept und zur Zertifizierung finden Sie zum Download in der rechten Spalte.
Inhaltlich liegt der Schwerpunkt auf der Grundpflege und deren Dokumentation. Im folgenden finden Sie eine Übersicht über die Module:
Struktur der Unterrichtsinhalte / Module
Viermonatige Maßnahme
1. Lernen lernen 2. Kommunikation 3. Grundbedürfnisse 4. Gesundheitsförderung 5. Bewegung und Entspannung 9. Essen und Trinken 10. Ausscheiden 11. Sich kleiden 12. Ruhen und schlafen 13. Sich beschäftigen 15. A. Sich Pflegen / Hygiene 15. B. Sicherheit 16. Soziale Bereiche |
| Achtmonatige Maßnahme
1. Lernen lernen 2. Kommunikation 6. Sich bewegen 7. Vitale Funktionen 8. Sich pflegen 9. Essen und Trinken 10. Ausscheiden 11. Sich kleiden 12. Ruhen und schlafen 13. Sich beschäftigen 14. Mann / Frau 15 B. Sicherheit 16. Soziale Bereiche 17. A. Existentielle Erfahrungen 17. B. Sterben, Tod und Trauer 18. Pflegeprozess und Dokumentation |
Dateien zum Download
Einführung zum KOMPASS-Schulungskonzept
Präsentation zum KOMPASS-Schulungskonzept
KOMPASS und AZAV-Zertifizierung
Veröffentlichung zum KOMPASS2 -Projekt in "Arbeitsplatzorientierte Grundbildung in der Pflegehilfe - Erfahrungen und Erkenntnisse aus Forschung und Praxis", Steffi Badel, Lea Melina Schüle (Hg.), Seite 105 - 116
Praxisbericht zum KOMPASS2 -Projekt
FAQ
Grundbildung umfasst die grundlegenden Kompetenzen Lesen, Schreiben, Rechnen sowie Informationstechnische Grundbildung (Umgang mit PC, …). Grundbildung wird benötigt, um selbständig den Alltag bewältigen zu können. Ohne ausreichende Grundbildung kann die Teilhabe an der Gesellschaft eingeschränkt sein. Die Grundbildung gehört zur Allgemeinbildung. In einer breiter gefassten Begriffsbestimmung werden Bereiche wie Gesundheitsbildung, politische Bildung und z.B. technologieorientierte Anwendungen eingeschlossen.
„Innerhalb der Industriestaaten mit ihren hohen Anforderungen an die Beherrschung der Schriftsprache müssen auch diejenigen Personen als funktionale Analphabeten angesehen werden, die über begrenzte Lese- und Schreibkenntnisse verfügen.“ (Hubertus 1991)
Der Begriff funktional bedeutet hier, dass jemand zwar die Grundzüge des Lesens und Schreibens beherrscht, aber die in der Gesellschaftsform, in der die Person lebt, notwendigen Fähigkeiten, um im Alltag und im Beruf gut zurechtzukommen, fehlen ihr. Sie kann also z.B. einfache Sätze lesen und schreiben, ist aber mit einem zusammenhängenden auch kurzen Text, z.B. einer Arbeitsanweisung überfordert.
Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der LEO-Studie 2018 wurde empfohlen, den Begriff funktionale Analphabeten nicht mehr zu verwenden, da er häufig zu Missverständnissen führt und das Wort funktional überhört wird. Als alternative Begrifflichkeit wurde Menschen mit geringer Literalität vorgeschlagen. Einfacher kann man sagen, Menschen mit Problemen beim Lesen und Schreiben.
Alpha-Levels unterteilen das unterste Kompetenzniveau des Lesens und Schreibens (Level-One) noch einmal in verschiedene Stufen: die Alpha-Levels 1-6.
Personen, die dem Alpha-Level 3 zugeordnet werden, können einzelne Sätze lesen und schreiben, jedoch nicht zusammenhängende Texte (z. B. Arbeitsanweisungen). In Deutschland sind 8,1 % der deutschsprachigen, erwerbsfähigen Bevölkerung zwischen 18 und 64 Jahren betroffen (4,2 Mio.)1.
Personen, die dem Alpha-Level 4 zugeordnet werden, können auf der Satz- und Textebene auch bei gebräuchlichen Wörtern, nur langsam oder fehlerhaft lesen und vor allem schreiben. Die Kenntnisse, die am Ende der Grundschulzeit erreicht sein sollten, sind nicht hinreichend vorhanden.
Fehlerhaftes Schreiben trotz gebräuchlichen Wortschatzes (alpha-Level 4) zeigt sich laut der leo. – Level-One Studie1 bei weiteren 20,5 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung zwischen 18 und 64 Jahren. Das entspricht noch einmal etwa 11 Millionen deutschsprachigen Menschen in Deutschland.
1Grotlüschen, Anke; Buddeberg, Klaus; Dutz, Gregor; Heilmann, Lisanne; Stammer, Christopher (2019): LEO 2018 – Leben mit geringer Literalität. Pressebroschüre, Hamburg. Online unter: http://blogs.epb.uni-hamburg.de/leo
RGZ steht als Abkürzung für Regionales Grundbildungszentrum. In Niedersachsen gibt es 2019 acht regionale Grundbildungszentren. Eines davon in Göttingen an der Vhs Göttingen Osterode gGmbH. Im gleichen Fachbereich war auch das KOMPASS2 -Projekt angesiedelt.
Ziel der Grundbildungszentren ist es, die Lese- und Schreibfähigkeiten der in Niedersachsen lebenden Menschen mit Grundbildungsbedarfen zu verbessern und ihnen durch geeignete Angebotsformen eine berufliche, soziale und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.
Der regionalen Sensibilisierungsarbeit mit potenziellen Bildungspartner*innen für Grundbildung aus den Kommunen, Partnern aus der regionalen Wirtschaft sowie der breiten Öffentlichkeit kommt eine besondere Bedeutung zu.
In anderen Bundesländern, wie z.B. Brandenburg und Hessen gibt es ebenfalls ländergeförderte Grundbildungszentren.
ABEDL steht als Abkürzung für Aktivitäten, Beziehungen und existenzielle Erfahrungen des Lebens. Das Modell der ganzheitlich-fördernden Prozesspflege mit 13 ABEDLs wurde von Monika Krohwinkel2 entwickelt. Grundlage des ABEDL®-Modells sind die Bedürfnisse, Fähigkeiten und Ressourcen des zu pflegenden Menschen.
2Monika Krohwinkel, Fördernde Prozesspflege mit integrierten ABEDLs: Forschung, Theorie und Praxis, Verlag Hans Huber, Bern, 2013
Die KOMPASS2 -Qualifizierungen sind für erwerbslose Personen und für in der Pflege beschäftigte Hilfskräfte entwickelt worden, die sich zum / zur Pflegehelfer*in qualifizieren wollen und dabei von einer Unterstützung beim Umgang mit der Schrift- (und Fach-)sprache profitieren. Die Lese- und Schreibfähigkeiten der Teilnehmer*innen sollten mindestens bei alpha-Level (3)-4 liegen (s.dort).
Voraussetzung sind deutsche Sprachkenntnisse, die mindestens dem Niveau B1, besser dem von B2 entsprechen (http://www.europaeischer-referenzrahmen.de/sprachniveau.php).
Prinzipiell können sowohl Bildungseinrichtungen aus dem Bereich Grundbildung als auch Bildungseinrichtungen aus dem Gesundheitsbereich die Qualifizierung anbieten. Die Fachkompetenz aus dem jeweils anderen Fachgebiet muss durch Fachdozent*innen oder durch eine Kooperation von zwei Bildungsträgern bereitgestellt werden. Dabei ist die gute Vernetzung und Zusammenarbeit des Lehrkräfteteams der beiden Fachrichtungen ausschlaggebend für den Erfolg.
Der praktische Anteil der Schulung wird in Einrichtungen der Altenpflege absolviert. Diese müssen für die Qualifizierung der Erwerbslosen zur Verfügung stehen.
Die KOMPASS2 -Qualifizierungen sind AZAV zertifiziert. Bildungsträger mit AZAV Zertifizierung können somit die Bildungsmaßnahme für erwerbslose Personen in Zusammenarbeit mit den regionalen Jobcentern/Arbeitsagenturen anbieten. Die Förderung der Weiterbildung von beschäftigten Personen ist damit ebenfalls möglich. Schauen Sie nach entsprechenden Förderprogrammen auf Bundes- und Landesebene.
Um den Qualitätsstandard für Bildungsträger und –maßnahmen weiterführend zu sichern, wurde 2012 die AZAV-Zertifizierung eingeführt. Die Zertifizierung des Trägers sowie der geplanten Qualifizierung sind die Voraussetzungen dafür, dass Kosten für eine Maßnahmeteilnahme z.B. von Jobcenter/Agentur für Arbeit oder anderen Förderprogrammen wie Qualifizierungschancengesetz / WeGebAU (anteilig) übernommen werden können. AZAV steht dabei für Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung. Die vorhergehende Verordnung hieß AZWV.
FBW steht für Förderung beruflicher Weiterbildung. Es handelt sich um eine berufliche Weiterbildungsmaßnahme im Sinne der beruflichen Weiterbildungsförderung nach §§ 179,180 SGB III (gilt auch für SGB II). Für die Beurteilung der Angemessenheit der Dauer und damit der Kosten einer Maßnahme sind ausschließlich das Erreichen des beruflichen Maßnahmeziels und damit des beruflichen Bildungsziels ausschlaggebend.
Aktivierungsmaßnahmen (Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung, MAbE) sind ein Instrument der Arbeitsförderung. Ziel dieser Maßnahmen ist es, die Teilnehmenden bei ihrer beruflichen Eingliederung zu unterstützen. Die Maßnahmen zur Aktivierung und Förderung der beruflichen Eingliederung sind in § 45 SGB III geregelt (gilt ebenfalls für SGB II). Daher werden sie häufig auch § 45-Maßnahmen genannt. Im Fokus einer Aktivierungsmaßnahme stehen vor und neben berufs-/fachspezifischen Inhalten vor allem die im Vorfeld einer erfolgreichen Berufsaufnahme notwendigen Kompetenzen sowie die Orientierung auf dem Arbeitsmarkt. Zielgruppen sind hier erwerbslose Personen.